Viele Menschen glauben, eine selbst geschriebene Vorsorgevollmacht reiche aus, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Doch wer die rechtlichen Fallstricke nicht kennt, erlebt möglicherweise eine böse Überraschung. In diesem Beitrag beantworten wir die häufigsten Fragen rund um die notarielle Vorsorgevollmacht, warum sie insbesondere – aber nicht nur – für Immobilienbesitzer so wichtig ist und was passieren kann, wenn sie fehlt.

1. Was ist eine Vorsorgevollmacht überhaupt?
Ob wegen eines Autounfalls, Schlaganfalls oder bei Demenz – von einem Tag auf den anderen ist man auf Hilfe angewiesen. Wer bezahlt die Rechnungen, spricht mit Ärzt*innen oder Behörden, organisiert eine Unterbringung im Pflegeheim und stellt sicher, dass Sie gut versorgt sind? Weder Angehörige noch Freund*innen dürfen einfach so für Sie handeln und entscheiden. Selbst Eheleute dürfen ausschließlich in medizinischen Fragen Entscheidungen treffen. Für alle anderen Lebensbereiche muss vom Gericht ein gesetzlicher Betreuer bestellt werden. Das kostet Zeit, Geld und Nerven und kann ganz einfach umgangen werden: Mit einer Vorsorgevollmacht legen Sie selbst fest, wer im Ernstfall in persönlichen, finanziellen, medizinischen und behördlichen Angelegenheiten stellvertretend für Sie handeln und entscheidend darf.

2. Warum reicht eine selbst verfasste Vorsorgevollmacht bei Immobilien nicht aus?
Für alltägliche Angelegenheiten kann grundsätzlich jeder, der sich damit auskennt, eine Vorsorgevollmacht aufsetzen. Eigentümer*innen einer Immobilie sollten hier aber aufpassen: die von Ihnen bevollmächtigte Person kann nur dann wirksame Grundstücksgeschäfte vornehmen, wenn hierzu eine ausdrückliche Regelung in der Vollmacht enthalten ist und sie darüber hinaus notariell beurkundet oder zumindest beglaubigt wurde. Ansonsten kann die bevollmächtigte Person Ihr Haus oder Ihre Eigentumswohnung nicht wirksam verkaufen, mit einer Hypothek oder Grundschuld belasten oder etwa Grundbuchänderungen veranlassen. Das ist vor allem dann problematisch, wenn die Angehörigen das Haus verkaufen wollen, weil von dem Erlös ein professionelles Pflegeheim bezahlt werden soll. Selbst wenn Sie also entsprechende Regelungen in Ihrer Vollmacht getroffen haben, muss das Gericht bei fehlender notarieller Beglaubigung oder Beurkundung eine*n gesetzliche*n Betreuer*in bestellen, die dann den Verkauf durchführt. Zusätzlich muss das Gericht den Verkauf genehmigen und hierzu nicht nur den Kaufvertrag prüfen, sondern gegebenenfalls untersuchen, ob ein angemessener Kaufpreis festgelegt wurde. Dieses Verfahren dauert oft viele Monate, in denen die Familie die Pflegekosten aus eigener Tasche bezahlen muss.
Auch wenn das Haus nicht verkauft, sondern saniert oder modernisiert und hierzu ein Kredit aufgenommen werden soll, können Probleme auftreten: Banken erkennen „einfache“ Vorsorgevollmachten häufig nicht an oder verlangen zusätzliche Nachweise. Eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht hingegen besitzt eine besonders hohe Beweiskraft: Sie belegt, dass der Vollmachtgeber bei Erstellung der Vollmacht geschäftsfähig war und die Bedeutung der darin enthaltenen Bestimmungen verstanden hat, und wird daher im Geschäftsverkehr akzeptiert.

3. Was ist für Ehepartner und nichteheliche Lebensgemeinschaften ratsam?
Seit 2023 gibt es ein sogenanntes Notvertretungsrecht für Ehepaare: Gerät ein Partner plötzlich in eine akute Krankheitssituation oder wird bewusstlos, darf der andere auch ohne Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung medizinische Entscheidungen treffen. Dieses Recht ist jedoch auf sechs Monate begrenzt und gilt ausschließlich im Gesundheitsbereich. Finanzielle oder behördliche Angelegenheiten sind davon nicht erfasst. Wer also möchte, dass der Ehepartner umfassend handeln darf, braucht weiterhin eine Vorsorgevollmacht.
Anders als bei Ehepaaren gilt das Notvertretungsrecht für nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht. Ohne Vollmacht hat man weder einen Anspruch auf Auskunft über den Gesundheitszustand des Partners oder der Partnerin noch kann man in Behandlungen einwilligen bzw. diese untersagen. Auch Behördengänge oder Angelegenheiten bei der Bank kann man nicht einfach für jemand anders erledigen. Gerade in nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist eine Vorsorgevollmacht daher unumgänglich, um im Notfall für den Partner bzw. die Partnerin handeln zu können.

4. Welche Rolle spielt der Notar?
Bei einer Beglaubigung bestätigt der Notar lediglich die Echtheit der Unterschrift, ohne auch den Inhalt zu prüfen. Bei der Beurkundung hingegen erstellt er die Vollmacht nach Ihren Wünschen, bespricht mit Ihnen den Inhalt und klärt Sie über all Ihre rechtlichen Möglichkeiten und Folgen auf. Außerdem bestätigt er Ihre für eine wirksame Vollmacht erforderliche Geschäftsfähigkeit zum Verfassungszeitpunkt und somit auch, dass Sie in der Lage dazu sind, die Folgen und Tragweite Ihrer Erklärung zu überschauen. So lässt sich zweifelsfrei klären, wer nach Ihrem Willen Ihre Angelegenheiten regeln soll. Der Gang zum Notar lohnt sich nicht nur, wenn Grundstücke im Spiel sind oder größere Vermögenswerte betroffen sind: Indem Sie einen Notar hinzuziehen, stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche präzise formuliert und rechtlich durchsetzbar sind, damit Ihre Interessen in sämtlichen Situationen des Alltags bestmöglich durch Ihnen vertraute Angehörige vertreten werden können.
Daneben kann der Notar auch eine Patientenverfügung sowie eine Betreuungsverfügung aufsetzen:
– In einer Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen für den Fall, dass Sie sich bspw. infolge Bewusstlosigkeit nicht selbst dazu äußern können. Der bzw. die Bevollmächtigte kann sich mithilfe der Vorsorgevollmacht dann darum kümmern, dass Ihr Wille auch durchgesetzt wird.
– Eine Betreuungsverfügung kommt insbesondere dann zur Geltung, wenn die Vorsorgevollmacht unwirksam oder unvollständig ist oder der bzw. die Bevollmächtigte sich nicht um Ihre Angelegenheiten kümmern kann. Mit der Betreuungsverfügung bestimmen Sie, wer im Ernstfall als rechtliche*r Betreuer*in eingesetzt wird und wie die Betreuung ausgestaltet werden soll. Bei besonders bedeutsamen Entscheidungen wie etwa über die Unterbringung in einem Pflegeheim wird zudem das Betreuungsgericht als Kontrollinstanz hinzugezogen, was Missbrauch vorbeugt.
So stellen Sie sicher, dass Ihr Wille beachtet wird und die richtigen Personen für Sie handeln können.

5. Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine notarielle Vorsorgevollmacht?
Auch junge Menschen können von einem Schicksalsschlag wie etwa einem Verkehrsunfall betroffen sein und handlungsunfähig werden. Daher sollte jede erwachsene Person besser früher als später über eine Vorsorgevollmacht nachdenken, denn eine solche kann nur errichtet werden, solange der Ernstfall noch nicht eingetreten und Sie noch zweifelsfrei geschäftsfähig sind.

Fazit: Eine Vorsorgevollmacht ist die beste Vorsorge für den Ernstfall
In Ihrem eigenen Interesse und im Interesse Ihrer Angehörigen ist es sinnvoll, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen und dadurch sicherzustellen, dass Ihr Vermögen in guten Händen ist und Sie bestmöglich versorgt werden können. Wollen Sie auf Nummer sicher gehen, lassen Sie sich eine inhaltlich korrekte, auf Ihre Wünsche zugeschnittene Vorsorgevollmacht von einem Notar errichten und beurkunden. Besonders bei Immobilieneigentum lassen sich so Streitigkeiten in der Familie, langwierige behördliche Verfahren und hohe Kosten vermeiden. Eine notariell beurkundete Vollmacht schafft Vertrauen bei Vertragspartnern, Kreditgebern und Behörden – und ermöglicht es Ihren Angehörigen oder Freund*innen, Sie rechtssicher zu vertreten.